Hinter der Entwicklung des innovativen BIKEDRIVE AIR Antriebs für E-Bikes stecken bei maxon viele Gesichter. Mountainbike-Profi Alessandra Keller hat bei einem ungewöhnlichen Freeride durch den Campus in Sachseln nicht nur einige davon getroffen, sondern kennt nun auch deren Geschichten.

Alessandra Keller ist ein Wettkampftyp. Was sie aber heute erwartet, kann der Mountainbike-Profi des Thömus maxon Swiss Mountain Bike Racing Teams nur erahnen. Die Strecke ist anspruchsvoll, reihenweise Hindernisse, ein Parcours voller Tücken. Ein Trail mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden, Wellen, kleinen Sprüngen sowie Balance- und Trial-Elementen. Ihr Können ist gefordert. Krasse Höhenunterschiede, die Breite der befahrenen Bürogänge oder Personen auf der Strecke sind weitere Herausforderungen. Aber Keller hat diesmal ausnahmsweise schon vor dem Start gewonnen. Denn die ungewöhnliche Runde im «Bikepark» maxon im Campus in Sachseln ist eine Tour d’Honneur. Ehrensache unter Gleichgesinnten. Das Unternehmen, das seit 2021 das Schweizer Profi-Radteam unterstützt, und die meisten seiner Mitarbeitenden ticken wie Keller. «Das sind ja alles Biker», stellt die 26-Jährige verwundert fest und fügt hinzu: «Es ist richtig cool zu sehen, dass die Menschen hier ebenfalls meine Passion fürs Fahrradfahren teilen. Wenn man merkt, dass eine ganze Firma hinter dem Projekt steht, pusht das enorm.» Und wie es pusht. Keller ist mit einem besonderen E-Bike unterwegs. Das Lightrider E Ultimate ist das weltweit erste vollgefederte Cross-Country- E-Mountainbike unter 15 Kilogramm, ermöglicht durch den innovativen maxon BIKEDRIVE AIR Antrieb.

Was sich dahinter verbirgt? Alessandra möchte keine Zeit verlieren. Nach der Streckenbesichtigung nickt sie mit dem Kopf: «Passt!» Die Powerfrau aus der Innerschweiz zieht Handschuhe an, setzt ihren Helm auf, klickt die Schuhe in die Pedale – und gibt Power. Nach wenigen Metern biegt sie von der Brünigstrasse rechts ab, querfeldein geht es vorbei am maxon Firmenschild über den ersten Grashügel hinein in den Campus. Sie nimmt gleich richtig Fahrt auf. Ein kurzer Gruss Richtung Empfang, eine wilde Treppenabfahrt, dann über den Hof und eine kleine Brücke hinein in den Aufzug des Technology Centers V. Ziel: 3. Stock. Im Flur signiert sie den Fahrradhelm von Roger Villiger, Leiter der Business Unit Aerospace. Selbst ein passionierter Biker. Die nächste Passage ist schmal, verwinkelt. Mit dem Mountainbike war hier vermutlich noch niemand unterwegs. Keller kämpft sich durch das Grossraumbüro …

Station 1 — Der Möglichmacher

… und landet bei Severin Portmann. Der 37-Jährige ist Technischer Einkäufer für alle Teile des E-Bike-Antriebs. Mit Fahrrädern kennt er sich aus. Rund 8 000 Kilometer und rund 100 000 Höhenmeter spult er pro Jahr in der Freizeit auf dem Mountainbike oder dem Rennrad ab. Die beiden verstehen sich sofort. Portmann ist an der Schnittstelle zwischen Entwicklung und Produktion ein wichtiger Möglichmacher. Die richtigen Bauteile in der richtigen Qualität und Menge zum richtigen Zeitpunkt am passenden Ort zu haben, ist angesichts aktueller Liefer- und Logistikengpässe ein Puzzle mit vielen unbekannten Teilen. «Am Ende hängt es an uns, wenn die Entwicklung länger dauert», sagt Portmann. Mehr als 100 Teile werden für den BIKEDRIVE AIR Antrieb benötigt, rund doppelt so viele wie bei den meisten anderen Projekten. Hinzu kam die Beschaffung von Batterien. «Da lernen wir gerade enorm viel», sagt Portmann. Voraussetzungen für seinen Job sind ein gutes Gespür für den richtigen Lieferanten und eigenes Fachwissen. Nur wer die Vorgaben der Entwickler:innen versteht, spricht mit potenziellen Partnern auf Augenhöhe. Die Entwicklungsvielfalt bei maxon und seine Ausbildung zum Polymechaniker helfen ihm dabei ebenso wie seine langjährige Erfahrung im operativen Einkauf und in der Materialplanung. «Man sollte schon wissen, wie ein Getriebe funktioniert, wenn man Lieferanten für die benötigten Teile sucht», erklärt der Fahrradfan.

Keller nickt. Sie weiss aus Erfahrung: Kleinigkeiten entscheiden über den Erfolg. Ein Faktor in ihrem Sport ist das Gewicht des Bikes. Bei Wettkämpfen wiegt ihr Mountainbike 11,5 Kilogramm. Das E-Bike, mit dem sie durchs Werk brettert, ist mit 14,9 Kilogramm etwas schwerer. «Das Gewicht ist aber in diesem Fall kein grosser Faktor. Das E-Bike hat die gleichen Reifen, die gleiche Rahmenkonstruktion. Oft sind Manöver mit dem E-Bike viel träger. Aber das ist hier nicht so», so Keller. Wichtig sei für sie vielmehr, dass das Rad absenkbare Sattelstützen habe. Denn das erleichtere das Überwinden von technischen Hindernissen. «Da kann ich mich besser reinlegen und bin letztendlich schneller», erzählt sie. Auch heute nimmt sie tiefsitzend die letzte Kurve in den Fertigungsbereich mit viel Schwung und bremst erst direkt an der Werkbank.

Station 2 — Die Spezialistin

In der Fertigung erwartet sie Gjillijmsere Abdula. Die Mitarbeiterin in der Spezialfertigung ist eine der wenigen bei maxon, die sich in der Freizeit nicht aufs Rad setzen. Gjillijmsere Abdula nennen alle «Cele». Sie ist die Expertin für besondere Herausforderungen in der Produktion. Sie montiert in Handarbeit den BIKEDRIVE AIR Motor. Eine gute Stunde benötigt sie für einen Antrieb. Für Keller hat sie die einzelnen Komponenten sorgfältig aufgereiht. Es sind viele kleine Schritte, die mit grosser Präzision ausgeführt werden müssen. Das kann die Expertin besonders gut, auch weil sie sich immer in neuen Arbeitstechniken und Normen weiterentwickelt. Erst steckt sie die Antriebswelle auf das Statorblech und verklebt sie. Es folgen Magnete für den Rotor, danach wird das Kugellager auf die Welle gepresst. Nach dem Ausgiessen des Stators fügt sie den Rotor in den Stator ein. Dann lötet sie die Leiterplatte des Motors und baut das Getriebe zusammen. «Das bekommen wir ohne Schmierung. Nachdem ich es auf das Kugellager gepresst habe, wird es mit fünf Gramm Schmierstoff behandelt», erzählt Abdula. Anschliessend wird das Getriebe mit dem Motor verbunden. Fertig. Keller hält die Antriebskomponente in der Hand und staunt: «Wow!» Abdula ergänzt: «Das Schwierigste ist das Ausgiessen des Stators und der Klebeprozess. Aber inzwischen klappt das super.» Und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Keller lächelt, zeigt auf ihren E-Bike-Antrieb und hebt den Daumen: «Und wie!»

Schon nach wenigen Metern steht für Keller fest: «Dieses E-Bike zu fahren, ist toll. Ich war damit schon im Training unterwegs. Es ist perfekt für schöne Velotouren, um konditionelle Grundlagen zu legen.» Natürlich muss Keller im Wettkampf auf die technische Unterstützung verzichten, aber als Ausgleich schätzt sie Ausfahrten mit dem innovativen E-Bike. Denn dort, wo selbst sie absteigen müsste, geht es bei maximaler Unterstützung mit einem Drehmoment von bis zu 40 Newtonmetern auch für sie mühelos weiter nach oben. Sie biegt ins Testlabor ab und macht bei der Entwicklungsabteilung Station.

Station 3 — Der Tüftler

Einen grossen Anteil am BIKEDRIVE AIR hat auch Erich Lerch. Der Entwicklungsprojektleiter ist seit sechseinhalb Jahren bei maxon, besitzt aber rund 40 Jahre Erfahrung und grenzenlose Begeisterung für alles, was unter Spannung steht. Nicht umsonst experimentiert er in seiner Freizeit mit Hochspannung und lässt es bei Elektrostatik-Experimenten mit einem sogenannten Wimshurst-Generator kräftig knallen. Wer sich mit bis zu 500 000 Volt auskennt und die Funken überschlagen lässt, weiss genau, wie man aus einer Batteriekapazität von 250 Wattstunden für den E-Bike-Antrieb das Optimum herausholt. Auf dem Weg zu einem neuen Motor und einem neuen Getriebe müssen Lerch und sein Team viele Hindernisse meistern. «Wir konnten auf unser Know-how zurückgreifen, aber in vielen Punkten betraten wir auch Neuland. Wir mussten eine Sensorik entwickeln und abstimmen, die die Pedalkraft aufnimmt und den Motor exakt steuert. Er soll genau so viel Kraft abgeben, dass die Fahrer:innen das als natürliche Unterstützung empfinden », sagt Lerch. Eine Art harmonischer Rückenwind auf Knopfdruck. Seine Bedenken kann sie zerstreuen. «Beim Einsetzen der Unterstützung reagiert man als Fahrerin sehr sensibel. Aber bei diesem Antrieb fühlt sich das perfekt an», sagt Keller. Erich Lerch lächelt. Zusammen mit den Software-Entwickler:innen wurde genau an diesem Empfinden lange getüftelt. Die wohldosierte Unterstützung beim Druck auf das Pedal, im Totpunkt der Trittbewegung etwas weniger und dafür auf dem anderen Pedal etwas mehr – das leichteste E-Mountainbike ist auch aussergewöhnlich clever unterwegs. Im Hintergrund läuft gerade ein Dauerlauf des Motors. «Der härteste Test ist aber der Realbetrieb», so der 63-Jährige. Eine weitere Herausforderung wurde dagegen eher im Verborgenen gelöst. Regelungen und Vorgaben machten es notwendig, dass maxon die funktionale Sicherheit des gesamten Antriebssystems gewährleistet. Dahinter verbergen sich jede Menge Gesetze, Normen und Zertifikate. «Wir müssen damit vor allem dokumentieren, dass der E-Bike-Motor sicher ist», unterstreicht Lerch. «Das ist wirklich viel Arbeit für Dokumentation und Belege, die parallel zur eigentlichen Entwicklung anfällt.»

Die Abräumerin

Alessandra Keller lässt sich in diesem Jahr nicht stoppen. Die 26-jährige Mountainbikerin hat den internationalen Durchbruch geschafft und sich den Doppel-Gesamtweltcup-Sieg gesichert: Weltcupsieg im Cross-Country in Snowshoe, USA, trotz eines Sturzes und einen Short-Track in Vallnord, Andorra. Kurz darauf gewann sie in Val di Sole, Italien, die Gesamtwertung ebenfalls im Cross-Country und Short-Track. Bei den Weltmeisterschaften gewann die Profiradsportlerin aus dem Schweizer Thömus maxon Swiss Mountain Bike Racing Team Silber im Short-Track. Eine Knieverletzung hatte sie zuvor zwei Jahre aus der Bahn geworfen, unter anderem verpasste sie 2021 ihr grosses Ziel: Olympia in Tokio. Keller, deren erste Erfolge 2013 der WM-Titel bei den Juniorinnen sowie 2018 der WM-Titel in der U23 waren, hat Pharmazie studiert und lebt im Kanton Nidwalden.

alessandrakeller.ch

Sicher bedeutet zum Beispiel: Der Antrieb darf nicht plötzlich einsetzen und das Velo nach vorne schieben, wenn die Fahrer:innen an einer roten Ampel warten. Rote Ampeln kennt Keller nicht – weder auf dem Mountainbike- Kurs noch auf der Strecke durchs Werk. Sobald sich die Aufzugstür öffnet, tritt sie kräftig in die Pedale. Die Tour ist zu Ende. Keller ist schnell ausser Sichtweite. Ihre Passion für den Mountainbike-Sport bleibt. Denn für die Mitarbeitenden von maxon, die den seltenen Gast herzlich empfangen haben, steht fest: Alessandra Keller ist eine von uns.

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