Das besondere Konzept hinter BIKEDRIVE AIR von maxon

Klein und stark bei geringem Gewicht: Thomas Steger, Leiter Business Development E-Mobility bei maxon, über die Kernkompetenz der Marke und die Effizienz des BIKEDRIVE AIR-Antriebs.

Thomas Steger, manche sagen, das Drehmoment des maxon BIKEDRIVE AIR-Antriebs sei nicht gerade üppig. Ihre Antwort?

Zunächst mal finde ich es schade, dass viele Leute das Thema E-Bike-Motoren einfach auf diesen Zahlenwert reduzieren. Denn Drehmoment allein ist noch kein Qualitätsmerkmal. Hinter dem BIKEDRIVE AIR von maxon steht ein besonderes Konzept. Wir hätten auch 100 Nm anbieten können, wollten aber ganz bewusst einen anderen Weg gehen. Man sollte einen neuen E-Bike-Antrieb nicht einfach mit einer Messzahl gleichsetzen.

Gibt es überhaupt eine einheitliche Messmethode, auf die sich alle beziehen können?

Nein, die existiert eigentlich nicht. Zwar gibt es den Leistungswert von 250 Watt Dauerleistung, den ein Pedelec heute von Gesetzes wegen nicht überschreiten darf. Aber wie genau gemessen wird – da gibt’s einen grossen Spielraum für Interpretationen.

Ist ein hohes Drehmoment in der E-Bike-Welt ein Prestigefaktor wie die PS-Zahl bei teuren Sportwagen?

Ich sehe es in dieser Richtung, ja. Wobei ich sagen muss, dass manche Leute nicht damit umgehen können – ähnlich, wie das bei Sportwagen der Fall ist. Es ergibt auch keinen Sinn, bei E-Bike-Motoren nur auf den Drehmoment-Wert zu achten. In Tourismusregionen, wo viele Leute mal schnell ein E-Bike ausleihen, befahren sie oft gleich einen anspruchsvollen Trail. Und wenn sie da zum falschen Zeitpunkt in die Pedale steigen, landet das Velo in den Büschen und sie daneben.

Wie ist zu verhindern, dass Drehmoment kontraproduktiv wirkt?

Genau hier, in der Programmierung der Software, sind unsere Leute sehr stark. Die Fahr-Algorithmen so zu schreiben, dass Mensch und Maschine optimal zusammenspielen – darauf kommt’s an. Dass man nicht einfach draufsitzt und man durch die Gegend geblasen wird. Sondern dass das Velofahren im Vordergrund bleibt.

Passt der reine Power-Wettbewerb nicht zur Philosophie von maxon?

maxon hält sich bei seinem neuen E-Bike-Antrieb an den Leitsatz: Wir bauen kleine Motoren – beginnend bei 4 Millimeter Grösse. Da liegt unsere Kernkompetenz, unsere DNA. Klar gibt es auf dem Markt viele starke E-Bikes, die unförmig und schwer sind, auch was das Handling betrifft. maxon dagegen produziert kleine, effiziente Motoren – stark im Verhältnis zum Gewicht. Das ist eine Nische, in der es heute noch wenige Anbieter gibt. Doch diese leichten Antriebskonzepte dürften noch ganz wichtig werden. Wir wollen keinen E-Töff auf die Räder stellen, sondern die Geometrie eines regulären Fahrrads intakt lassen. Wir wollen das Gewicht so wenig wie möglich erhöhen und die Fahrbarkeit auf einem Level haben, wo man sagen kann: Auch wenn ich den Akku gar nicht zuschalte, fahre ich leicht. Und wenn der Akku leer ist, komme ich immer noch nach Hause, ohne einen Panzer bewegen zu müssen. Das sind Werte, die wir einbringen wollen: leichte Systeme, die nicht durch die Gegend fegen, sondern den Fahrspass an erste Stelle setzen. Du willst primär Velo fahren, aber manchmal auch ein wenig Unterstützung beim Treten haben.

Soll, wer unbedingt mehr Power will, woanders fündig werden?

Absolut. Unser BIKEDRIVE AIR will und wird die schweren Motoren nie ersetzen. Es gibt Leute, die wollen nach einem E-Bike-Motorenvergleich vor allem transportiert werden. Das ist okay, aber die überlassen wir gerne anderen Anbietern. Kommt hinzu, dass dieser Markt der klassischen Mittelmotoren von Bosch, Shimano & Co. schon stark besetzt ist – bei viel Volumen und hoher Preissensitivität. Als Neueinsteiger sucht man sich da besser ein weniger festgefahrenes Terrain.

«Das sind Werte, die wir einbringen wollen: leichte Systeme, die nicht durch die Gegend fegen, sondern den Fahrspass an erste Stelle setzen. Du willst primär Velo fahren, aber manchmal auch ein wenig Unterstützung beim Treten haben.»

– Thomas Steger, Leiter Business Development E-Mobility bei maxon

Wann ist mehr, wann weniger Drehmoment gefragt?

Von unserem System lässt sich eher ein naturnaher Velofahrer begeistern, ein «Biobiker», der von der reinen Muskelkraft auf Unterstützung umsattelt. Wenn ich mit dem BIKEDRIVE AIR auf den Glaubenberg von Sarnen Richtung Entlebuch fahre, bin ich oben trotzdem müde. Denn ich habe etwas geleistet. Zwar nicht komplett aus eigener Kraft, dafür fahre ich runder, habe den angenehmeren Tritt und bin am Ende auch mental nicht ausgelaugt. Diesen Ansatz gibt es auch beim City Trecking, wo du einfach ein bewegliches, nicht zu schweres Velo willst. Wo du nicht Lust hast, 25 Kilo die Treppe runterzutragen. Mein Stadtvelo wiegt dann nur 16 oder 17 Kilo, dafür hat es etwas Rückenwind eingebaut.

E-Bike heisst also künftig: entweder ein eingebauter Rückenwind oder dann ein töffmässig schweres Geschütz?

Ja, einen Markt für sehr starke, schnelle E-Bikes wird es auch in zwanzig Jahren noch geben. Das ist auch nicht zu ersetzen. Ein Hinterrad-Radnabenmotor mit hoher Dynamik – dieses Segment ist schon gut bestückt auf dem Stand der heutigen Technik.

Wird sich der E-Bike-Markt in immer mehr Spezialanwendungen aufteilen, oder gibt es eine Hauptstossrichtung der Entwicklung?

Wir können heute bereits mit Sicherheit sagen: Das Angebot wird auch in Zukunft sehr breit sein. Denn das eierlegende Wollmilch-E-Bike gibt es nicht und wird es auch nie geben.

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